top of page

LETZTER

POST

    Nicht mein Leben

    Manchmal habe ich das Gefühl, dass dieses Leben nicht zu mir gehört, nicht zu meinem innersten Sein. Dass meine Hülle nicht meinem Ich entspricht, dass sie mich hindert, das Leben zu führen, das ich mir für mich selbst gewünscht hätte. Denn manchmal wünsche ich mir wirklich ein anderes Leben für mich. Und wenn ich dann dasitze, allein, und nachdenke über all das, dann wird mir ganz schwindelig dabei, wenn ich mir vorstelle, dass EB für immer zu meinem Leben gehören wird, mein ewiger Begleiter, mein treuer Gefährte, für immer Seite an Seite. Bis an mein Lebensende. Auf ewig wird EB der erste sein, dem ich morgens begegne und der letzte, dem ich am Abend eine gute Nacht wünsche.

    Und wenn ich in dieser Stimmung bin, was ab und an vorkommt und vorkommen darf, dann sehe ich vor mir, wie mein Leben hätte sein können. Sein sollen. Wie ich es mir für mich gewünscht hätte. Wie ich es vielleicht verdient hätte. Wie es zu meiner Persönlichkeit gepasst hätte. Zu meinem wirklichen Ich. Zu dem, wie ich im innersten Sein wirklich bin. Wie ich gestikuliere, lache und schaue. Wie ich gehe, welche Farbe meine Haut im Sommer annimmt, wie ich mir mit meinen Fingern durch die Haare fahre, Haare, die ich mir allein zusammenbinden kann. Wie ich mit meinen Fingern die Tasten eines Klaviers berühre, um Musik ertönen zu lassen. Wie ich tanze zu Musik. Wie ich barfuß auf einer Wiese gehe, wie ein Armband auf Haut aufliegt, nicht auf Verband. Wie meine Lippen sich erst zu einem Lächeln formen, dann zu einem Lachen. Wie ich nicht weiß, wie sich echte Schmerzen anfühlen. Wie ich keine Ahnung davon habe, wie Furcht aussieht. Weil ich es nicht erlebt habe. Wie ich das Mädchen bin, in dessen Gesicht man nur Freude sieht, weil es nichts anderes erlebt hat, nur Freude. Wie ich mir keine Sorgen mache über das was war, ist und wird. Keine Sorgen darüber, ob ich jemals frei bin, befreit aus meinem Körper.

    Denn mein Körper ist nicht frei. Mein Körper ist gefangen, eine Hülle aus Narben. Kaputt und verletzlich, so verletzlich.

    Frei sind nur meine Gedanken. Gedanken, in denen ich alles kann. Wenn das Gefühl der Gefangenheit zu groß wird und ich es nicht mehr aushalten kann, wenn ich versinke in den Vorstellungen, im „Was wäre, wenn…?“, im gefährlichen Gedankenkarussell, dann bleibt die Fantasie des Guten. Die Gedanken, in denen ich alles kann. Denn meine Gedanken sind frei. Und in meinen Gedanken führe ich das Leben, das ich mir für mich selbst gewünscht hätte. Das ich vielleicht verdient hätte.

    bottom of page