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    Liebesbrief

    Du liebst so vieles. Du liebst den Mond in der Nacht, ein gutes Lied, hörst es immer wieder und bekommst nicht genug davon. Du liebst die wärmende Sonne, das Lächeln deiner Freunde, willst es immer wieder sehen und bekommst nicht genug davon. Du liebst das Leben, das Glück, die kleinen Momente und die großen Erinnerungen. Von all dem kannst du nicht genug bekommen. Nur dich selbst, dich selbst liebst du manchmal nicht so sehr. Von dir selbst kannst du genug bekommen, manchmal zu viel, bist zu oft überfordert mit dir selbst und verlierst dich immer wieder. Du siehst die Schönheit überall, in jeder Blume, in jedem Lachen, in jedem Menschen, nur manchmal nicht in dir. Du verbringst viel Zeit mit anderen, aber immer auch mit dir. Du bist immer bei dir selbst, du begleitest dich, lässt dich nie allein. Du denkst nach, viel über andere und wenig über dich selbst. Obwohl du so viel Zeit mit dir selbst verbringst. Du urteilst über andere und am meisten über dich. Du hörst anderen gerne zu, aber nicht dir. Du redest mit vielen, nur selten über dich. Du schätzt Geduld und hast keine mit dir. Du liebst es, Liebe zu geben und vergisst dabei dich selbst.

    Und wie kannst du verlangen, dass du geliebt wirst, wenn du es selbst nicht tust? Und wie kannst du verlangen, dass andere nicht zweifeln, wenn du dir selbst nicht glaubst? Wie kannst du Anerkennung verlangen, wenn du dir selbst nicht genug bist?

    All das passiert grundlos. In deinem Kopf, in deinem Herzen und in deinem Bauch. Diese Gefühle bringen dich durcheinander. Dir wird schwindelig und alles dreht sich. Du verstehst es nicht. Es ist auch einfach unverständlich. Warum kannst du für andere Menschen derartige Gefühle aufbringen, nur für dich nicht? Wie kannst du in anderen Menschen die Vollkommenheit sehen, nur in dir nicht? Warum siehst du andere Makel nicht, kannst deine aber nicht übersehen, sie dir nicht verzeihen? Warum behandelst du andere Menschen mit Güte und kannst dir selbst nicht auf diese Weise begegnen? Wie können andere Menschen denn derartige Gefühle für dich aufbringen? Dich vollkommen finden? Dir verzeihen? Warum begegnen dir andere Menschen mit Güte? Und warum kannst du all das nicht?

    Hast du Angst? Dich selbst zu suchen? Dich bei dieser Suche zu finden? Angst, dich selbst zu lieben? Zu dir zu stehen? Warum fällt es dir so schwer, dich zu zeigen? Siehst du denn nicht, wie schön du bist? Siehst du nicht, was andere in dir sehen? Wie wertvoll du bist? Bemerkst du nicht, wie andere lächeln, wenn du redest, wenn du dich selbst vergisst? Wie sie auf dich achten? „Komm gut nach Hause!“ Hörst du das nicht? Hörst du nicht, was sie dir sagen? Wie sie sich sorgen? Wie sie dir alles erzählen, weil sie dir vertrauen? Spürst du nicht, wie wohl sie sich in deiner Nähe fühlen? Merkst du nicht, wie alles, was du nicht an dir magst, für sie keine Rolle spielt? Wie sehr sie es vielleicht lieben? Dein zu lautes Lachen, deine Vergesslichkeit, deinen schrägen Humor oder deine unordentlichen Haare? Siehst du all das wirklich nicht? Bist du so sehr damit beschäftigt, dich selbst nicht genug zu finden?

    Achte mehr auf dich. Vielleicht fällt es dir dann auch auf. Vielleicht fällt dir dann auch auf, wie gut du bist. Und dass du mehr als genug bist, egal, wie du bist.

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