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    Praktikumsplatzsuche und Fehlschläge

    Ich bin momentan auf Praktikumsplatzsuche und hätte nie gedacht, dass es so schwierig wird. Im Rahmen des Studiums müssen wir im 4. Semester ein 6-monatiges Praktikum absolvieren, worauf ich mich eigentlich sehr gefreut habe, denn ich habe es als Chance gesehen, praktische Fähigkeiten für das spätere Berufsleben zu sammeln. Dass sich die Suche nach einem geeigneten Platz so schwierig gestaltet, habe ich nicht vermutet. Dass es nicht einfach wird, war mir klar, aber momentan schwebe ich zwischen Fassungslosigkeit und Verzweiflung.

    Ich würde sehr gerne im Bereich der Opferberatung arbeiten und Menschen, die Opfer von Straftaten geworden sind, zu beraten und zu unterstützen. So interessieren mich beispielsweise Fachstellen gegen (sexuelle) Gewalt, bei denen auch Präventionsprojekte von großer Bedeutung sind oder Beratungsstellen für Frauen und Mädchen oder Frauenhäuser. Aber auch die Kinder- und Jugendarbeit interessiert mich. Also habe ich mich in diesen Bereichen beworben, in der Hoffnung, einen Platz in dem Bereich zu bekommen, der mich von Herzen interessiert. Was folgte, war leider eine Absage nach der anderen und die Begründungen waren immer die gleichen: Keine Kapazitäten für Praktikanten, die Einrichtung ist nicht barrierefrei oder aber die Einrichtung möchte nicht, dass eine Assistentin dabei ist.

    Den ersten Grund kann ich voll und ganz verstehen. Nicht jede Einrichtung ist so groß, dass sie genug Arbeit für einen Praktikanten haben. Dass so wichtige Einrichtungen aber nicht barrierefrei sind, macht mich fassungslos. Im Jahre 2018 haben behinderte Menschen nicht die Möglichkeit, sich in einer so wichtigen Fachstelle beraten zu lassen? Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis. Was machen die Menschen, die Hilfe brauchen? Auch den Grund, dass eine Assistentin nicht erwünscht ist, kann ich nicht nachvollziehen. Mir ist bewusst, dass die Bereiche, für die ich mich interessiere, sehr sensibel sind. Warum es allerdings stört, wenn eine weibliche Assistentin mich bei der Arbeit in der Frauenberatungsstelle körperlich (!), nicht mit ihrer geistigen Arbeitsleistung, unterstützt und wohlgemerkt eine Datenschutzerklärung unterschreibt, kann ich nicht verstehen. Dabei bin ich in meiner Bewerbung offen mit meiner Behinderung umgegangen, verschweigen darf ich sie sowieso nicht. Ich habe aber auch deutlich gemacht, dass ich trotz meiner Behinderung voll leistungsfähig und motiviert bin und sie sich bei Fragen oder Sorgen gerne an mich wenden können, damit wir Missverständnissen entgegenwirken.

    Nach der elften Absage habe ich mich an die Studienberatung gewandt. Ich habe der Dame das Problem in der E-Mail geschildert, meine Präferenzbereiche genannt und um Beratung gebeten – vielleicht kennen sie ja Einrichtungen in dem Bereich, die bereit sind, Menschen mit Behinderung eine Chance zu geben.

    Als Antwort bekam ich eine E-Mail mit einem Link zu einer Beratungsstelle für Behinderte als Alternative – da wüsste sie, dass die Räumlichkeiten barrierefrei sind und die Assistentin auch kein Problem wäre. Ich war so enttäuscht, dass ich direkt wieder in den Bereich gedrängt werde, obwohl ich dort nicht rein möchte. Das kann doch nicht die Lösung sein, nur weil der Bereich barrierefrei ist. Als ich dann zu einem persönlichen Gespräch mit ihr verabredet war und sie zur Begrüßung sagte: „Na, läuft wohl nicht so mit der Praktikumssuche, was?“, da hätte ich kotzen können. Was folgte, war eine Auflistung von barrierefreien Einrichtungen: Krankenhäuser, Kurkliniken, Gesundheitsämter und der Bereich der Behindertenhilfe. Schön und gut und für andere bestimmt genau das Richtige – aber eben nicht für mich.

    Was ich mich dann gefragt habe, war Folgendes: 1. Ich bewerbe mich momentan nur für ein Praktikum. Wie viele Absagen bekomme ich, wenn ich mich für einen richtigen Job bewerbe? 2. Habe ich später nur die Möglichkeit, mich in Bereichen zu bewerben, die mich nicht interessieren, nur, weil die anderen Bereiche nicht barrierefrei sind? Muss ich bei meiner Jobwahl auf so etwas achten? Ist das Chancengleichheit? Und 3. Warum zur Hölle sind solche Einrichtungen auch heute nicht barrierefrei?

    Ich werde mich weiter bewerben – und zwar in dem Bereich, der mich interessiert und ich gebe nicht auf. Ich hoffe sehr, dass ich am Ende nicht berichten muss, dass ich in einer Kurklinik gelandet bin, weil ansonsten nicht funktioniert hat.

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