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    Zu sich selbst stehen

    Es gibt genug Leute, die mich anschauen, urteilen und nicht verstehen können. Umso wichtiger ist es für mich, dass ich selbst alles über meine Krankheit weiß, mich selbst kenne und auch so akzeptiere.

    Da ich seit meiner Geburt mit der Krankheit lebe, kenne ich es gar nicht anders. Trotzdem sieht man andere und fragt sich erstmal, warum die anderen Kinder etwas können und man selbst nicht. Mit der Zeit habe ich aber meine Grenzen kennengelernt und weiß ganz genau, worauf ich achten muss. Meine Eltern haben mich – glücklicherweise – nicht aus Schutz ,,eingesperrt“. Ich durfte eigentlich alles ausprobieren in meiner Kindheit und trotzdem habe ich Stück für Stück ein Bewusstsein für meine Krankheit bekommen. Ich habe gemerkt, was ich schaffe, wobei ich aufpassen muss und wie ich ,,Probleme“ anders lösen kann.

    Ich habe gelernt, anderen meine Krankheit zu erklären, weil ich selbst so gut wusste, was diese Schmetterlingskrankheit eigentlich ist, aber wahrscheinlich auch, weil ich mich so oft dafür erklären musste. Ich bin immer offen damit umgegangen und habe die Krankheit akzeptiert. Gerade im Kindesalter war die Krankheit nie ein Problem an sich für mich. Natürlich – es gab Sachen, die ich nicht konnte, bei denen ich aufpassen musste und es gab Momente, in denen ich wütend wurde. Aber das alles gehörte zu mir und hat mich gelehrt, wie man – wie ich – anders damit umgehen kann.

    Ich habe gelernt, die Krankheit zu akzeptieren. Es ist nun mal Fakt, dass sie mich mein Leben lang begleiten wird, was aber nicht heißt, dass sie mein Leben bestimmen wird.

    Ich schäme mich schon lange nicht mehr für meine rote Nase, die früher oft mit Rudolphs Nase verglichen wurde. Ich schäme mich auch nicht für meinen roten, kreisrunden Fleck an der Stirn und lache immer darüber, weil es so aussieht, als wäre mir ein Sektkorken da rein geknallt. Ich schäme mich nicht mehr für meine Hände, die fast aussehen wie Boxhandschuhe. Ich schäme mich nicht dafür, dass manchmal Blasen an den Beinen aufgehen und ich dann Flecken auf der Hose habe. Ich schäme mich nicht für meinen Rollstuhl, der mir das Leben erleichtert. Ich schäme mich nicht dafür, dass man bei einem engen T-Shirt manchmal meine Magensonde sieht. Ich schäme mich nicht dafür, dass ich auch im Sommer Strumpfhosen tragen muss und man bei kurzen Sachen meine rote Haut und meinen Verband besonders stark sieht.

    Ich schäme mich nicht dafür, dass ich Hilfe im Alltag brauche und danach fragen muss. Ich schäme mich nicht, wenn ich auf die Krankheit angesprochen werde. Natürlich heißt das aber nicht, dass mein Leben nur aus Rechtfertigungen besteht.

    Epidermolysis bullosa ist Teil meines Lebens und wird es bleiben. Aber das alles definiert mich nicht. Und deswegen ist mein Leben nicht weniger schön. Es bringt nicht, sich zu verstellen und nicht zu seinem Ich zu stehen (egal ob es um eine Behinderung geht, eine Charaktereigenschaft oder etwas anderes), denn damit wird man selbst nur unglücklich.

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