Der Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl
,,Es tut mir so leid für dich! Das ist alles so schlimm!“ - solche Sätze hat jeder, der irgendeine Art von Behinderung hat, schon mal gehört. Und genau solche Sätze bringen uns gar nichts.
Natürlich sind manche Menschen erst einmal ein bisschen erschrocken, wenn ich ihnen von meiner Krankheit erzähle. Manches sieht man einfach nicht, zum Beispiel das mit der Speiseröhre. Ich verstehe es, wenn Leute damit erst einmal überfordert sind, nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen oder viele Fragen haben – das ist mehr als verständlich für mich und ich freue mich über Fragen. Nur so können Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden. Ich kann auch verstehen, wenn manche Menschen sich fragen, wie ich damit umgehe und sich das Leben schwierig vorstellen. Aber ich kann nicht verstehen, wie manche Menschen sich das Recht herausnehmen, über mein Leben zu urteilen. Wenn sie mir sagen, wie schlimm das alles doch ist, dass ich ja gar nichts machen kann, dass sie so ein Leben nicht lebenswert fänden. Wenn sie anfangen, mich zu bemitleiden, mir immer nur sagen, wie leid ich ihnen tue und dass mein Leben unglaublich schlimm sein muss.
Was uns – oder mir – viel mehr helfen würde, ist Mitgefühl. Kein Mitleid. Einfach, dass die Menschen Verständnis dafür haben. Dafür, dass ich manchmal keine Kraft habe, etwas zu unternehmen, dafür, dass ich im Restaurant nicht alles aufesse, dafür, dass ich Schmerzen habe. Sie müssen mir nicht sagen, wie leid ich ihnen tue. Ich würde mir wünschen, dass sie es einfach nur akzeptieren, versuchen, zu verstehen und es dabei belassen.
Ich möchte so normal wie möglich behandelt werden, nicht immer auf meine Krankheit aufmerksam gemacht werden – ich vergesse sie ja selbst manchmal und das ist auch gut so! Ich möchte diese Zeit doch genießen.
Ich weiß, dass sich viele Freunde und Bekannte Sorgen machen, mir helfen möchten oder mir sagen möchten, wie sehr sie mich bewundern. Ich freue mich auch darüber, aber irgendwie habe ich dann das Gefühl, dass sie mich nur über meine Krankheit definieren. Sie finden mich stark, weil ich mit einer Krankheit lebe. Es tut ihnen leid, dass ich mit einer Krankheit lebe. Und sie bewundern mich, weil ich mit einer Krankheit lebe. Aber ich bin nicht die Krankheit. Ich habe ein wunderschönes Leben und wünsche mir manchmal einfach nur mehr Verständnis.
Es gibt einen Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl. Das erste bringt uns alle nicht weiter. Bei dem zweiten geht es um Empathie, dass man sich in die andere Person hineinversetzen kann und versucht, zu verstehen. Und genau das – das Mitgefühl – ist für beide Seiten wichtig. Für den Behinderten und für den Nicht-Behinderten.