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    Internationaler Debra Kongress in Zermatt

    Als ich vor zwei Jahren per Mail gefragt wurde, ob ich beim Internationalen Debra Kongress in Zermatt in der Schweiz einen Vortrag halten würde, habe ich die Mail immer und immer wieder lesen müssen, um zu verstehen. Um zu verstehen, welche Möglichkeit ich gerade bekommen habe und um zu verstehen, was das für eine Bedeutung hatte, was ich erleben würde.

    Ich habe nicht lange gezögert. Ich habe zugesagt und mich seitdem auf den Kongress gefreut. Und als die Vorbereitungen einige Wochen vor Kongressbeginn starteten, wuchs meine Aufregung. Und meine Freude. Und mein Stolz. Als ich mit Jenni aus der Schweiz, einer betroffenen Freundin, gesprochen und fantasiert habe, kam es mir so surreal vor. Die Vorstellung die „Debra-Familie“ aus der ganzen Welt zu treffen, also wirklich, aus der ganzen Welt – diese Vorstellung war unglaublich.

    Aber als wir dann endlich, nach 9 Stunden Fahrt, am Hotel ankamen, da habe ich es gespürt. Da wusste ich, dass es real ist. Und ich wusste, dass es gut wird. Das Ausmaß meines Glücks aber hätte ich mir nie erträumen können.

    Und als ich dann Jenni, die ich bis dahin nur durch Social Media kannte, in die Arme geschlossen habe, war mir sofort bewusst, dass wir uns gut verstehen würden. Und auch die anderen Menschen waren so offen und herzlich, dass ich mich sofort wohlgefühlt habe.

    Meine Eltern und ich sind dann am ersten Abend mit Jenni, ihrer Mama, ihrer Tante und ihrer Krankenschwester Essen gegangen. Wir haben geredet und gelacht, nur geredet und gelacht. Und es war, als würden wir uns ewig kennen.

    Am nächsten Morgen haben wir uns fertig gemacht und gefrühstückt, denn es stand Vieles bevor. Es folgten Vorträge und noch mehr Vorträge, alles auf Englisch, gutes Essen, lautes Lachen, intensive Gespräche, neue Bekanntschaften, Austausch mit Fremden, Schließen von Freundschaften und wieder Vorträge. Vorträge über den aktuellen Forschungsstand, neueste Erkenntnisse von Ärzten und medizinische Tipps zum Umgang mit EB.

    Am Abend gingen wir alle ins Matterhorn Museum, bekamen ein Alphorn-Konzert und ließen den Abend gemütlich ausklingen. Bei mir mehr oder weniger gemütlich – ich ging meinen Text immer wieder durch und war aufgeregt wegen des bevorstehenden Tages.

    Und am nächsten Tag war es dann soweit: Ich sollte meinen Vortrag halten. Mir blieb aber noch Zeit, Vorträge von anderen zu hören und das hat sich gelohnt! Ich habe Neues über Produkte, Erlebnisse und Tricks erfahren, die das Leben mit EB erleichtern. Es wurde über den Umgang mit Schmerzen gesprochen, über Kontaktlinsen, die extrem EB-freundlich und symptomlindernd sind, über die Kur-Möglichkeit speziell für EB-Patient*innen und ihre Familien und über eine Zahnbürste, die speziell für EB entwickelt wurde, extrem weich und klein und nach eigener Erfahrung unglaublich angenehm ist. Außerdem habe ich Kontakt mit einem Arzt aus Chile geknüpft, der mir Oliber schenkte, eine Art Schiene für die Hände mit starkem Magnet, womit sich Stifte, Besteck, Handys und Co. festhalten lassen. Ein kleines Highlight war die Information zur Hypnose-Möglichkeit beim Umgang mit Schmerzen.

    Und dann war ich dran. Mit der Stärkung meiner Eltern, den lieben Worten von Jenni und den Nachrichten und Glückwünschen meiner Freunde habe ich mich bereit gefühlt, den Vortrag zu halten. Den Vortrag über meinen Blog, die Reaktionen darauf, die Gründe dafür und die Erfahrungen damit.

    Als ich vorne stand und in die vielen Gesichter schaute, wurde mir ganz schwindelig. Aber dann habe ich, mit meinen Zetteln in der Hand, angefangen zu sprechen und alles vergessen: die Aufregung, die Menschen, mich. Ich habe einfach gesprochen und auf nichts geachtet. Und plötzlich war ich fertig, habe hochgeguckt und habe die Gesichter gesehen, habe die Menschen gesehen. Wie alle aufgestanden sind und applaudiert haben, wie sie geweint haben und ein Lächeln auf den Lippen hatten. Und ich habe meine Eltern gesehen, die kein Wort verstanden haben, weil es auf Englisch war, und die trotzdem geweint haben vor Stolz.

    Nach mir hat Michelle Zimmermann über ihr Buch „Über den Schmerzen – Hautnah aus dem Leben“ gesprochen und vor allem über den darin beschriebenen Umgang mit Schmerzen. Über dieses Buch und die tolle Frau werde ich mit Sicherheit noch berichten.

    Beim Essen und der Gelegenheit, neue Menschen kennenzulernen und sich mit ihnen zu unterhalten, habe ich unendlich viel an positiver Rückmeldung erhalten, von Menschen, die berührt und stolz waren, die sich gefreut haben, die glücklich waren. Rückmeldungen, die mir unglaublich viel bedeutet haben.

    Mit Jenni habe ich am Nachmittag das „Social Media Forum“ moderiert und mit den Teilnehmer*innen über die Darstellung von EB in den Medien diskutiert. Wir haben uns Beispiele angesehen, positive und negative Darstellungsweisen gefunden und uns über die Öffentlichkeitsarbeit unterhalten.

    Am Abend wurde ein Gala-Dinner veranstaltet, bei dem nochmal (fast) alle Teilnehmenden des Kongresses miteinander gegessen haben. Es gab nicht nur gutes Essen, sondern auch Danksagungen und Rückblicke. Wir konnten reflektieren, uns austauschen, lachen, reden und uns kennenlernen. Wir konnten die Zeit genießen.

    Später hat Luca Hänni, der sich für Schmetterlingskinder engagiert, ein Charity-Konzert für die Betroffenen gegeben. Neben der persönlichen Atmosphäre gab es ein Lied von Luca, geschrieben und gesungen für Schmetterlingskinder. Ein schöner „Abschluss“ für die gemeinsame Zeit.

    Der letzte Tag war geprägt von Freude über neue Bekanntschaften, Trauer wegen des Abschieds und einem letzten gemeinsamen Ausflug. Vor Müdigkeit und Überwältigung von den vergangenen Tagen, fehlte mir die Lust, mich zu schminken und mir Mühe bei meinem Auftreten zu geben. „Ist egal, wer sieht mich denn schon?“ Ja, wer sieht mich denn schon. Das habe ich mir den ganzen Morgen gedacht. Bis ich mit den anderen im Zug saß, auf dem Weg zum Ausflugsziel, und auf einmal Luca Hänni und ein Kamerateam mit im Zug waren. Ja, moin. Da hatte ich im Stress nicht mehr dran gedacht. Leicht unangenehm, im Endeffekt aber auch völlig egal, denn der Blick lag auf etwas anderem: auf dem Matterhorn und der schönen, also wirklich wunderschönen Natur der Schweiz. Ich war überwältigt. Wir haben ein paar letzte, gemeinsame Stunden in den Bergen verbracht, bevor es dann, mit Tränen in den Augen, für alle nach Hause ging.

    Rückblickend war es ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, kann ich mein Glück gar nicht mit Worten beschreiben, denn ich bin immer noch sprachlos. Ich erinnere mich an Menschen, die viel mehr verbunden hat, als EB. Uns hat die Hoffnung auf Heilung verbunden, der Mut zur Selbstliebe, die Willensstärke, die Herzlichkeit, Dankbarkeit, Offenheit und Emotionen. Wir haben uns alle miteinander gehalten, mal mit Händen und Füßen, meistens auf Englisch. Wir haben uns kennengelernt und verbunden, mit Menschen aus Neuseeland, Großbritannien, Spanien, Brasilien, Chile, Russland, der Ukraine, aus dem asiatischen Raum – so viele Nationalitäten waren vertreten! Wir haben gelacht, mit Fremden und Freunden, Fotos gemacht, die Verbundenheit gespürt, Zukunftspläne geschmiedet und die gemeinsame, ganz besondere Zeit genossen.

    Ein großes Dankeschön an alle, die diesen Kongress ermöglicht und zum besonderen Erlebnis gemacht haben!

     

    Kontaktlinsen: https://www.eyeness.ch/de/https://www.eyeness.ch/de/

    Kur auf Sylt: https://www.fachklinik-sylt.de/

    Oliber: https://myoliber.com/

    Zahnbürste: http://paro.com/

    Buch: Michelle Zimmermann „Über den Schmerzen – Hautnah aus dem Leben“

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